Vom Trafoturm zur Wohlfühloase für Fledermäuse und Co
Die Ausgangssituation
Viele, ursprünglich an Felswänden und Höhlen wohnenden Tierarten, fanden seit vielen Jahrhunderten in und an von Menschenhand geschaffenen Bauwerken Lebensräume. Hierzu zählen auch bestimmte Säugetier- Vogel- und Insektenarten, die die Gebäude als Brutplätze, Sommerquartiere oder Versteckmöglichkeiten nutzen. Durch Sanierung oder Abriss geeigneter Gebäude ist ein starker Rückgang der gebäudebewohnenden Arten zu verzeichnen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es wichtig, gerade im Interesse der uns nachfolgenden Generationen, also unsere Kinder und Enkelkinder, diesen kulturfolgenden Arten auch in Zukunft geeignete Quartiere anzubieten, um einem Artenschwund entgegenzuwirken. Ehemalige Trafotürme eignen sich nach entsprechender Umgestaltung hervorragend für die Errichtung eines „Leuchtturms der Artenvielfalt“.
In Zellewitz, Salzlandkreis, und Wils, Salzatal gab es solche ehemaligen Trafotürme. Diese wurden durch ein innovatives Artenschutz- und Umweltbildungsprojekt durch den Verein Artenschutz in Franken® und den Naturpark Unteres Saaletal, mit Unterstützung der Gemeinde Könnern, dem Förderverein Bildung und Arbeit e. V., der Gemeinde Salzatal und der Deutschen Postcode Lotterie in Artenschutztürme verwandelt, die zukünftig einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität in einer zunehmend ausgeräumten Landschaft leistet. Bestandteil des Projektes waren, neben der Schaffung von Fortpflanzung- und Ruhestätten für kulturfolgenden Arten, die optische Gestaltung der Fassaden. Durch die Bemalung wird ein umweltpädagogisch hochwertiger Blickfang geschaffen, der dazu dient, dem breiten Publikum das Thema Artenschutz näher zu bringen.
Das deutschlandweite Projekt „Stelen der Biodiversität“
Die Projekte sind Bestandteil des Projekts „Stelen der Biodiversität®“, welches im Zuge der UN-Dekade 2011 bis 2020 bereits seit 2014 in unterschiedlichen Bundesländern Leuchttürme der Artenvielfalt entstehen lässt. Ziel des Projektes ist es in jedem Bundesland sichtbar zu werden und ungenutzte Objekte, vorrangig alte Trafotürme, zu lebendigen Elementen der biologischen Vielfalt werden zu lassen. Hierzu arbeitet der Verein Artenschutz in Franken mit unterschiedlichen Partnern in ganz Deutschland zusammen. Die Stele der Biodiversität in Zellewitz ist die erste im Bundesland Sachsen-Anhalt.
Doch wie wird ein ehemaliger Trafoturm zur Stele der Biodiversität?
Ablauf des Projektes
Zellewitz
2020 wurde der Turm in Zellewitz für das Projekt ausgewählt und in einem ersten Schritt die Arten ermittelt, für die im Trafoturm ein Zuhause entstehen soll. Für Zellewitz wurde der Dachstuhl, der durch den Sturm 2011 zerstört wurde, wiederinstandgesetzt und als Thermokammer für Fledermäuse hergerichtet. Diese Thermokammer reguliert die Wärme im Dachstuhl so, dass er ganzjährig von Fledermäusen als Quartier genutzt werden kann. Darüber hinaus wurden Fledermaus- und Brutvogelquartiere durch das Einbringen von geeigneten Brutkästen in der Außenfassade geschaffen. Die Brutvogelquartiere wurden vor allem für Höhlenbrüter und Halbhöhlenbrüter gewählt. So werden in Zukunft Arten wie der Feldsperling, die Blaumeise oder der Hausrotschwanz den Trafoturm nutzen können.
Die Bewilligung der Finanzierung durch die Deutsche Potcode Lotterie erfolgte im Dezember 2019. Der Startschuss für die Umgestaltung erfolgte Ende April 2020.
In einem ersten Schritt wurde das Dach erneuert und die besagte Thermokammer installiert. Anschließend wurde durch eine Fassadenfirma aus Könnern die Fassade für die Bemalung vorbereitet und die Nistkästen in die Fassade integriert. In einem letzten Schritt erfolgte die Bemalung durch einen Künstler. Für den Trafoturm wurde der Lebenszyklus der Fledermaus als Motiv gewählt. Auf allen vier Seiten sind Bilder aus dem Lebenszyklus unterschiedlicher Fledermausarten zu sehen. Die roten Backsteine aus der hinter dem Trafoturm liegenden Kirche wurden mit in die optische Gestaltung einbezogen, sodass sich der Turm hervorragend in das hiesige Landschaftsbild integriert.
Fertiggestellt wurde das Projekt Mitte August 2020.
Ablauf des Projektes
Trafoturm in Wils
Im Sommer 2021 wurden die Arbeiten am ehemaligen Trafoturm in Wils begonnen. Auch hier wurde der Dachstuhl erneuert und mit einer speziell an die Bedürfnisse von Fledermäusen angepassten Thermokammer ausgestattet. Zukünftig können hier ganze Fledermauskolonien ein Quartier finden. Darüber hinaus wurden Nistkästen für Fledermäuse, Mauersegler und Kleinvogelarten an und in der Fassade des Gebäudes angebracht. Zusätzlich wurde der Innenbereich zugänglich gemacht, sodass auch der Innenraum als Sommerquartier oder Versteckmöglichkeit genutzt werden kann. Das Projekt wurde im April 2022 abgeschlossen.
Virtuelle Rundgänge für die beiden Stelen der Biodiversität
Endergebnis
Nach den erfolgreichen Umgestaltungen der beiden ehemaligen Trafotürme in Zellewitz (Salzlandkreis) und Wils (Saalekreis) in Artenschutztürme, wurden die Projekte durch die Erstellung virtueller Rundgänge abgerundet. Die virtuellen Rundgänge ermöglichen ein Erleben der beiden Türme auch ohne vor Ort zu sein.
Sehen sie selbst und lassen sie sich vom Projekt begeistern.